Oh ja - Stephen King. Einer meiner Lieblingsautoren seit meiner Jugend. Ich glaube, ich war zwölf, als ich Carrie zum ersten Mal gelesen habe (Schuld war meine Mama, sie hat die Bücher überhaupt erst angeschafft). Inzwischen habe ich einen Großteil seiner Bücher in meiner Sammlung und den Ehrgeiz, mal alle im Regal stehen zu haben.

Sleeping Beauties

 

Es war eigentlich ein ganz normaler Tag, an dem die rätselhafte Evie in der Kleinstadt Dooling auftauchte. Doch die Tage sollten fortan nicht mehr normal bleiben, denn mit ihr veränderte sich alles. Eine Epidemie bricht über das Land – wenn nicht sogar über die ganze Welt – herein, die nur Frauen betrifft, egal ob jung oder alt. Sobald sie einschlafen, werden ihre Körper von einer weißen spinnennetzartigen Substanz in einen Kokon gehüllt. Doch wehe, man versucht, diesen zu lösen – die Frauen, die dadurch geweckt werden,  mutieren zu mörderischen Bestien. Frauen versuchen mit allen Mitteln, wach zu bleiben. Einzig Evie kann schlafen und wieder aufwachen, ohne befallen zu werden. Schnell wird das tägliche Leben zum Chaos. Ehemänner sorgen sich um ihre Frauen, andere wiederum wollen die „Krankheit“ ausrotten und zünden die Kokons an. Gewalt und Aggressivität sind schnell an der Tagesordnung. Irgendwann spricht sich das Gerücht herum, dass es eine Frau gibt, die Immun gegen „Aurora“ – so wird das Phänomen genannt – ist. Nun beginnt die Belagerung des Frauengefängnisses, in dem sich Evie unter Obhut des Psychiaters Clint Norcross zu ihrer eigenen Sicherheit aufhält … Die Männer des Orts wollen ihre Frauen und Töchter zurück, koste es, was es wolle.

 

Ein wenig geflasht war ich schon, als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hielt … auch wenn man als King-Leser dicke Wälzer gewohnt ist. Die ersten Seiten bestehen aus einer Übersicht der im Buch auftauchenden Charaktere. Was wirklich gut ist, denn das sind so einige. Zum einen gefühlt jeder Einwohner von Dooling, dann die Insassinnen und Angestellten des Frauengefängnisses sowie ein paar wenige Außenstehende. Zu Beginn der Lektüre musste ich auch einige Male nachschauen, von wem gerade die Rede ist – aber das hat sich ziemlich schnell gegeben.

 

Die Handlung ist alles in allem sehr komplex und wie üblich entwickelt sich die Geschichte eher langsam. Die beiden Autoren beschreiben einige Szenen sehr detailreich und auch wenn sie auf den ersten Blick eher nicht wichtig für das Geschehen sind, helfen sie doch dabei, die Verhaltensweisen von einigen der Charaktere besser zu verstehen und diese näher kennenzulernen. Das erste Viertel des Buches beschäftigt sich mit den Personen, den Gegebenheiten und den ersten Fällen von Aurora. Trotzdem wurde es mir nicht zu langweilig und irgendwann wurde das Geschehen auch rasanter. Was mich allerdings etwas aus dem Lesefluss herausgerissen hat, waren die Szenen rund um die Belagerung des Gefängnisses. Dieser Teil war mir einfach zu zäh und hätte gut auf ein paar Seiten verzichten können.

 

Der Aufbau der Story war auch gut gewählt. Die Kapitel waren in kleinere Abschnitte verteilt und durch die Perspektivenwechsel – mit oftmals gleichen Situationen – war die Handlung immer abwechslungsreich. Ungefähr nach der Hälfte kam eine neue Perspektive dazu: Es gibt einen Ort, an dem alle schlafenden Frauen weiterlebten. Dieser Teil hat beide Welten einander gegenüber gestellt: Die Welt, die fast ausschließlich von Männern bewohnt wird und die der schlafenden Frauen. Und diese konnten gegensätzlicher nicht sein.

 

Auch die Charakterisierung der Figuren war ebenfalls gut, keiner war nur gut oder nur böse. Sie alle hatten Beweggründe für ihr Verhalten – auch wenn man als Leser manche nicht wirklich nachvollziehen konnte.

 

Ich persönlich könnte jetzt nicht benennen, welcher Teil von Stephen und welcher von Owen King stammt. Der Lesefluss ist hier wirklich stimmig und die Abschnitte gehen ineinander über. Was mich allerdings ziemlich gestört hat, waren einige Formulierungen des Übersetzers wie beispielsweise „Jemand andres hat man mit dem Behälter von nem Mixer den Schädel eingeschlagen“. So etwas kam leider öfter vor. Ansonsten finde ich das gesellschaftskritische Thema gut verpackt, so dass es mir richtig schwer fiel, zwischendurch auch mal mit dem Lesen aufzuhören.

 

Januar 2018

Heyne, ISBN 978-3-453-27144-9

 Hardcover, 959 Seiten

 VÖ: November 2017

 

 

Hier nun mal eine Trilogie vom Horror-Meister:

 

Bill Hodges 1: Mr. Mercedes hat mich sehr begeistert. Wie schon beim Anschlag überzeugt es weniger durch Horrorelemente, aber es ist toll geschrieben und fesselt sehr schnell.

 

Die Fortsetzung Bill Hodges 2: Finderlohn hat mir mindestens genauso gut gefallen. Auch hier setzt King weniger auf Horror, als auf Spannung.

 

Und hier die Rezension zum (wirklich sehr gut gelungenen)  Abschluss der Reihe = Bill Hodes 3: Mind Control. Sehr gelungen, der passend, aber leider eben ein Abschluss.

 

Vier nach Mitternacht

 

Langoliers: Eigentlich sollte es ein ganz normaler Flug sein von Los Angeles nach Boston. Ein Nachtflug, bei dem der Großteil der Passagiere schläft. Als einige von ihnen erwachen, befinden sie sich fast alleine an Bord: Nur noch elf von ihnen sind da, von allen anderen fehlt jede Spur. Zum Glück befand sich unter den Passieren auch Brian Engle, ein Pilot der gleichen Airline. Er übernimmt das Steuer, aber beim Versuch mit einem Flughafen Kontakt aufzunehmen, scheitert er – es scheint, als wären die Städte, die er überfliegt, verlassen. Doch nach der Landung beginnt erst der wahre Schrecken.

 

Das heimliche Fenster, der heimliche Garten: Morton Rainey, frisch geschiedener Schriftsteller mit Anflug von Depressionen, bekommt eines Tages Besuch: Der Fremde überfällt ihn sofort damit, seine Geschichte gestohlen zu haben. Als Ersatz will er eine neue – sollte er diese Geschichte nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erhalten, droht er Konsequenzen an … die er ziemlich bald auch in die Tat umsetzt …

 

Der Bibliothekspolizist: Sam Peebles soll kurzfristig eine Rede halten. Um diese spannender zu machen, will er in der städtischen Bibliothek nach Büchern schauen. Doch schon, als er die Bücherei betritt, fährt es ihm kalt über Rücken: Erschreckende Bilder im Kinderbereich, eine wenig anheimelnde oder einladende Atmosphäre und dann die Bibliothekarin, die ihm mit dem Bibliothekspolizisten droht, sollte er die Bücher nicht rechtzeitig zurück bringen. Was Sam mit einem Schulterzucken (wenn auch einem unbehaglichen) abtut, entwickelt sich schnell zu seinem größten Albtraum.

 

Zeitraffer: Kevin freut sich riesig über die Polaroidkamera, die er zu seinem 15. Geburtstag bekommt. Doch die Bilder zeigen nicht seine Familie oder die Geburtstagstorte, sondern einen seltsamen, räudigen Hund. Und je mehr Fotos er schießt, desto näher kommt das Tier. In seiner Verzweiflung sucht Kevin Pop Merrill auf, der einen Trödelladen führt. Dieser kann die Kamera auch nicht reparieren, aber wittert ein gutes Geschäft. Als Kevin beschließt, die Kamera zu vernichten, ehe etwas Schlimmes passiert, tauscht Pop diese aus. Doch er ahnt nicht, dass er dadurch einen nicht aufzuhaltenden Horror heraufbeschworen hat.

 

Mit dieser Kurz(?)-Geschichtensammlung hat man einen richtigen Wälzer in der Hand. Und diese sind gut ausgesucht. Langoliers hatte ich vor vielen Jahren bereits gelesen und konnte mich nur noch daran erinnern, dass mir diese Story damals nicht so gut gefiel. Im Gegensatz zu diesem Mal. Das geheime Fenster hatte ich bis dato noch nicht gelesen (zumindest kann ich mich daran nicht mehr erinnern), aber dafür den Film schon mehrmals gesehen. Der Bibliothekspolizist und Zeitraffer dagegen waren für mich noch neu.

 

Jede der Geschichten ist eindringlich geschrieben. Bei Langoliers stand die drohende und nicht greifbare Gefahr im Vordergrund, weniger die Personen. Die Ratlosigkeit und wachsende Panik waren gut dargestellt, so dass ich beim Lesen mitfiebern konnte. Mort Rainey dagegen war hier schon präsenter, da es ja in der Geschichte auch hauptsächlich um ihn ging. Man erlebte hautnah mit, wie sich sein Gemütszustand und sein Verstand und rationales Denken immer mehr veränderte. Auch der Bibliothekspolizist war mehr als spannend. Auch wenn diese Geschichte etwas langsamer anfing, steigerte sich hier das Tempo schnell und die Atmosphäre der Angst war sehr greifbar. Am wenigsten gut gefiel mir tatsächlich Zeitraffer. Zwar eine tolle Idee, aber ich fand, dass sie erst im letzten Viertel rasanter und spannender wurde. Vor allem die Beschreibungen von Pop Merrill kamen mir sehr langatmig vor, so dass hier der eigentliche „Showdown“ viel zu schnell erzählt wurde und meines Erachtens zu kurz kam.

 

Zu Kings Schreibstil muss ich eigentlich kaum noch etwas schreiben (wiederholt sich ja doch nur), außer: Alle vier Geschichten sind unverkennbar von King.

 

Oktober 2016

Heyne, ISBN 978-3453438415

Taschenbuch, 1.136 Seiten

VÖ: April 2016

 

Basar der bösen Träume

 

Das neueste Werk des King of Horror beinhaltet eine Sammlung von 20 Kurzgeschichten, die alle auf ihre Art faszinierend und lesenswert sind. Einige davon haben mir besonders gut gefallen:

 

Raststätte Mile 81: Auf einem verlassenen Parkplatz steht ein völlig verdreckter Wagen. Einem besorgten Autofahrer wird seine Hilfsbereitschaft zum Verhängnis, denn der Wagen birgt ein schreckliches Geheimnis. Auch andere Helfer sollten von diesem Gefährt besser die Finger lassen.

 

Ur: Obwohl Wesley lieber „richtige“ Bücher liebt, legt er sich eines Tages einen Kindle zu. Komischerweise hat sein Gerät aber ganz andere Funktionen als ein normales Gerät. Plötzlich findet er Nachrichten und Bücher aus Parallelwelten – und in einer ganz bestimmten Suchmaske könnte er sogar die Zukunft verändern.

 

Ein bisschen angeschlagen: Bradley erzählt jedem, dass seine Frau ein krank ist und sich auskurieren muss. Seltsam ist nur, dass sie mit ihm schon seit einigen Tagen nicht mehr spricht … und den Verwesungsgestank, der sich im ganzen Haus ausbreitet, so gar nicht wahrzunehmen scheint.

 

Nachrufe: Mikes Job ist es, für ein Onlinemagazin Nachrufe auf berühmte Persönlichkeiten zu schreiben. Was als bitterböse Kolumne beginnt, wird plötzlich zur tödlichen Wahrheit. Kann Mike seine Macht bezwingen?

 

Auffällig ist, dass alle Geschichten sich um das Thema Tod drehen. Stellenweise erwartet den Leser dadurch etwas weniger Horror, sondern auch die ein oder andere nachdenklich machende Geschichte. Manche haben mich sehr begeistert, mit manchen konnte ich etwas weniger anfangen (wie beispielsweise die Gedichte).

 

Jede Geschichte hat ein eigenes kurzes Vorwort erhalten, in dem King etwas über die Entstehungsgeschichte bzw. Motivation berichtet. Auch ist jede Geschichte einer Person aus seinem Bekannten- und Freundeskreis gewidmet. Ich muss zugeben, das hat mich besonders beeindruckt. Und obwohl Stephen King ja bekanntlich eher ausschweifend schreibt, hat er sich bei den Geschichten wirklich kurz gefasst. Was aber weder dem Lesespaß noch den Geschichten geschadet hat. Trotz der Kürze konnte ich in die verschiedenen Stories hineinfallen lassen und konnte zu den (meisten) Protagonisten eine Beziehung aufbauen.

 

Eine gelungene Sammlung von Geschichten, die den Leser nachdenken, aber auch mal lachen lassen. Und mit über 700 Seiten wieder einmal ein richtiger Wälzer.

 

April 2016

Heyne, ISBN 978-3453270237

Hardcover,  768 Seiten

VÖ:  Januar 2016


Revival

 

1962: Jamie Morton ist 6 Jahre alt, als er Reverend Charles Jacobs das erste Mal trifft. Der junge Prediger hat gerade sein Amt in der kleinen Gemeinde Harlow angetreten und wird schon bald von allen Gemeindemitgliedern geliebt. Bis er nach dem schrecklichen Unfalltod seiner Frau und dem kleinen Sohn an seinem Glauben (ver)zweifelt und nach einer fast schon gotteslästerlichen Predigt sein Amt verliert. Jamie ist untröstlich, seinen erwachsenen Freund zu verlieren. 20 Jahre später – Jamie ist als Musiker mehr oder weniger erfolgreich und inzwischen drogenabhängig – kreuzen sich ihre Wege erneut. Jacobs tritt auf Jahrmärkten mit wundersamen Elektrizitätsshows auf und rettet Jamie mit einem Experiment das Leben. Fortan ziehen sie gemeinsam über die Jahrmärkte, doch nach einiger Zeit trennen sie sich. In den folgenden Jahren verfolgt Jamie das Leben des ehemaligen Predigers, der sich inzwischen als Wunderheiler einen Namen gemacht hat. Und ihre gemeinsame Geschichte geht weiter und endet in einem finalen Experiment, das mehr als nur gefährlich ist.

 

Wie man es von Stephen King kennt, beschreibt er detailreich die Begebenheiten und Charaktere. Ich lernte Jamie und seine Familie kennen, Charles Jacobs, seine Frau Patsy und den kleinen Morrie. Begleitete Jamie auf seinem Weg als Jugendlicher, Erwachsener, während seiner ersten Liebe und seiner Drogensucht. Immer wieder erfuhr ich auch vom Leben des Reverend. Das ist eigentlich etwas an Kings Schreibstil, dass mir sehr gut gefällt: Die Möglichkeit, langsam eine Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen und die sich langsam steigernde Spannung. Leider ist ihm Letzteres in meinen Augen bei „Revival“ nicht gelungen. Dadurch, dass die meiste Zeit über Jamie im Vordergrund stand, blieb der Reverend mit seiner „geheimen“ Elektrizität und den fortschreitenden Experimenten zu sehr im Hintergrund. Die ganze Zeit über fehlte mir der rote Faden der Geschichte und die eigentliche Handlung. Erst ab Seite 400 gibt es eine Richtung, eine Ahnung, wohin das Ganze führen wird und hier wird es dann auch endlich spannender.

 

Der Schluss – der eigentliche Showdown – war für mich unbefriedigend. Andere Rezensenten ziehen hier Vergleiche zu Werken von Lovecraft (das kann ich nicht beurteilen, von ihm habe ich nach wie vor noch nichts gelesen), aber ich hätte eine ganz andere Richtung erwartet. Highlight war für mich dann das „Nachwort“; die Geschehnisse nach dem finalen Experiment, die mich doch etwas nachdenklich zurückgelassen haben.

 

Sprachlich allerdings hat mir das Werk trotzdem sehr gut gefallen. Ich finde, dass King in seinen alten Büchern stellenweise recht vulgär wirkte. Was für mich nicht nachteilig ist, es ist halt einfach so. Doch in den letzten Büchern ist mir öfter aufgefallen, dass er sich sprachlich weiterentwickelt hat und mich daher beim Lesen sehr viel mehr fesselt. Auch mag ich es, dass er immer wieder versteckt auf seine anderen Werke hinweist.

 

Nach meiner Begeisterung über „Mr. Mercedes“ und „Der Anschlag“ hat mich „Revival“ leider ein wenig enttäuscht. Ich würde eigentlich nur 2,5 Sterne vergeben, aber da King seit meiner frühen Jugend zu meinen Lieblingsautoren zählt, gibt es 3.

 

März 2015

Heyne, ISBN 978-3453269637

Hardcover, 512 Seiten

VÖ: März 2015

 

Der Anschlag

 

Jake Eppings Welt wird komplett auf den Kopf gestellt, als er einen mysteriösen Anruf von Al – Kumpel und Inhaber des örtlichen Diners – erhält. Al hört sich an, als wäre er von jetzt auf gleich um 20 Jahre gealtert und bittet ihn, sich dringend mit ihm zu treffen. Als Jake Al gegenüber steht, bekommt er einen Schock: abgemagert, gealtert, todkrank – dabei war er am Tag zuvor noch fit! Die Erklärung lässt nicht lange auf sich warten, doch was Jake nun erfährt, hätte er nie erwartet. Das Diner befindet sich direkt über einem Zugang zur Vergangenheit, mit nur wenigen Schritten landet man im Jahr 1958. Und während im Hier und Jetzt nur 2 Minuten vergehen, bis der Reisende wieder zurückkehrt, kann man in der vergangenen Zeit ein halbes Leben führen. Al hat genau das getan. Zu Beginn nutzte er den sogenannten Kaninchenbau für Kurztrips, doch dann reifte in ihm der Entschluss, das Attentat auf John F. Kennedy zu verhindern. Vier Jahre lebte er im Amerika der späten 50er und frühen 60er Jahre, doch erkrankte unheilbar an Krebs. Um seinen Plan doch noch durchführen zu können, kehrte er ins Jahr 2011 zurück und „vererbte“ Jake seine Mission - dieser soll an seiner Stelle den Anschlag verhindern.

 

Nach einem ersten „Kurzbesuch“ ist Jake überzeugt, dass Al die Wahrheit sagt. Ausgestattet mit einer neuen Identität, einem Notizbuch mit Fakten rund um den Anschlag und genügend Geld reist er in der Zeit zurück. Nun ist es an ihm, den Lauf der Geschichte zu verändern oder Als letzten Wunsch zu ignorieren.

 

Hält man das Buch das erste Mal in der Hand, ist man fast schon erschlagen von diesem Wälzer. Doch die 1056 Seiten lesen sich schnell weg, so geschickt entführt Stephen King den Leser in die 60er Jahre. Denn hier wird nicht nur das Attentat auf JFK behandelt, sondern eine komplette (Lebens)Geschichte aufgebaut. Jake identifiziert sich immer mehr mit seinem Leben als George Amberson, schließt Freundschaften, arbeitet als Lehrer in einer High School. Und durch sein Dasein verändert er stetig die Welt – und die Zukunft. Immer wieder stellt er seinen „Auftrag“ in Frage; denn im heutigen Amerika ranken sich Verschwörungstheorien um den Mord an Präsident Kennedy – und längst ist nicht eindeutig bewiesen, ob Lee Harvey Oswald wirklich der Attentäter war. Und einen Unschuldigen ermorden kommt für Jake/George nicht in Frage.

 

Die Geschichte ist sehr berührend geschrieben, erzählt in der Ich-Form von Jake selbst. Glaubwürdig, sympathisch, ein rundum normaler Mensch, der nichts von einem Superhelden oder Rächer an sich hat – ein Mensch, der das richtige tun möchte. Durch diese Erzählweise rutscht man selbst mit ins Geschehen und bleibt nicht nur Zuschauer (oder Leser). Kleine Hinweise auf andere Bücher – wie beispielsweise ES – runden das Ganze noch ab. Auch die Zeitreiseregeln hat Stephen King gut gelöst und ganz ohne Logikfehler durchgezogen. Mir jedenfalls ist keiner aufgefallen.

 

„Der Anschlag“ ist definitiv kein Horror, sondern ein eher ruhiges Buch und mit „Die Verurteilten“ oder „The Green Mile“ vergleichbar. Trotzdem ist King hier absolut zu Höchstform aufgelaufen und hat ein wirklich packendes Buch geschrieben.

 

November 2013

Heyne, ISBN 978-3-453-26754-1

Hardcover, 1056 Seiten

VÖ: Januar 2012