Gefangen in Harmony

 

Maddy Grant ist ein ganz normaler Teenager mit normalen Alltagssorgen und -vorlieben. Sie geht gerne mit ihrer Freundin shoppen, schwärmt für Popstars und ist heimlich verliebt in den gutaussehenden Ben. Dieser begleitet sie eines Abends auf einen Jahrmarkt – und dieser Abend verändert ihr Leben für immer. Ein tragischer Unfall in der Geisterbahn – ein defekter Generator setzte giftige Dämpfe frei - kostet Ben das Leben und schädigt Maddys Gehirn schwer. Nach einem Jahr im Koma ist sie ein Pflegefall geworden. Doch dann erfahren ihre Eltern von einer neuartigen Behandlungsmethode, bei der feinste Drähte in Maddys Hirn implantiert werden sollen, die verschiedene Bereiche stimulieren und neue Verbindungen schaffen sollen. Die Operation gelingt und Maddy ist danach im wahrsten Sinne des Wortes ein neuer Mensch. Wie neu – das findet sie erst nach und nach heraus, denn sie merkt, dass irgendetwas mit ihr nicht mehr stimmt.

 

Walter Greatshell, der durch seine „Xombies“-Trilogie vor allem im englischsprachigen Raum bekannt wurde, hat mit „Gefangen in Harmony“ einen interessanten Science Fiction-Roman geschrieben, der absolut für „Anfänger“ des Genres geeignet ist. Für mich tendiert es auch stark in Richtung Jugendbuch. Der Klappentext verrät an sich schon ziemlich viel von der Handlung, auch nach dem Prolog - der eigentlich das (offene) Ende der Story darstellt – kann man sich vieles schon denken. Doch auf den folgenden Seiten geht der Autor stark auf die Vorgeschichte ein, auf die Operation und auf die Veränderungen, die aufgrund dessen in Maddy vor sich gehen. Gut beschrieben hat er auch ihre chaotische Gefühlswelt – zum einen ausgelöst durch ihr Alter, zum anderen durch ihr neues Leben nach der Operation und im Umgang mit den Menschen, die sie zu kennen glaubte und mit denen sie sich nun wieder auseinandersetzen muss. Die Charaktere dagegen sind weniger detailliert beschrieben und wirken – bis auf wenige Ausnahmen - wie Statisten ohne Tiefe.

 

Gut gefallen hat mir, wie Walter Greatshell seine Kritik an Gesellschaft einbaut. Er beschreibt den Konsumzwang durch Werbung, verdummendes Fernsehprogramm oder das eher eingeschränkte Vorstadtleben sehr überspitzt; und trotzdem hat man das ein oder andere Aha-Erlebnis. Mir gefiel auch, dass man als Leser immer auf dem gleichen Stand ist wie Maddy. Man weiß genauso wenig wie sie, wem sie trauen kann und wem nicht, was Realität ist und was Einbildung.

 

Was mir so gar nicht gefallen hat, waren Maddys plötzliche McGyer-Fähigkeiten. Nach der Operation ist sie plötzlich super intelligent (könnte man durch die Hirnstimulation noch zu erklären). Zu weit hergeholt war mir allerdings, dass sie mal eben so einen Hubschrauber fliegen oder aus normalen Haushaltsgegenständen Bomben bauen kann oder praktisch im Vorbeigehen Menschen umbringt. Auch die spitzzähnigen Vampir-Dämonen-Menschen, von denen sie verfolgt wird, hätte der Autor sich sparen können.

 

Alles in allem war in den 367 Seiten sehr viel Handlung verpackt. Hier wäre es netter gewesen, manche Szenen ein wenig ausführlicher zu beschreiben, denn durch die rasante Handlung hat die Intensivität der Geschichte etwas gelitten.

 

„Gefangen in Harmony“ hat ein recht offen gehaltenes Ende, ob es eine Fortsetzung gibt, steht wohl noch nicht fest.

 

Juni 2012

Bastei Lübbe, ISBN 978-3404206728

Taschenbuch, 368 Seiten

VÖ: Mai 2012